Das Flanieren entstand ursprünglich aus dem Wandern. Und das kann man bekanntlich am besten in der Natur, in Feld und Wald. Flanieren jedoch kann man dort nie und nimmer. Zum Flanieren bedarf es zwingend einer Stadt. Ein Dorf reicht dem Flaneur nicht aus. Der wahre Flaneur braucht große Straßen, inspirierende Architektur, unzählige Menschen. Mit anderen Worten: Er braucht Anregungen, schließlich ist er ein Intellektueller. Zumindest der Flaneur des 19. Jahrhunderts war einer. Der war überhaupt beinahe mehr eine literarische Figur als ein reales Wesen.
In die Literatur eingeführt wurde er vom Schriftsteller Edgar Allan Poe mit dessen Roman Der Mann in der Menge von 1840. Auch Autoren wie Walter Benjamin, Franz Hessel und Siegfried Kracauer haben sich in ihren Romanen des Flaneurs als Thema angenommen. Im 19. Jahrhundert waren die Flaneure oft wahre Dandys, die mit erhobener Nasenspitze durch die Stadt stolzierten. Später entwickelte sich der Flaneur zum Beobachter sozialer Phänomene. Er versuchte, in der Masse unterzutauchen, um ungestört Umgebung und Mitmenschen betrachten zu können – mit dem Ziel, später über sie zu schreiben.
Der Begriff des Flaneurs ist übrigens Männern vorbehalten. Das Wort „Flaneurin“ existiert eigentlich nicht. Weibliche Flaneure nannte man schlicht „Passante“ – der französische Ausdruck für Spaziergängerin. Vor allem der Schriftsteller Marcel Proust hat diese Damen in seinem Werk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit verewigt. Weibliche Flaneure gab es damals dennoch, und es gibt sie noch heute.
Ganz gleich, ob man es nun Flanieren oder Spazierengehen nennt: Vom gesundheitlichen Standpunkt aus ist beides sinnvoll. Der Körper bewegt sich, der Kreislauf kommt auf Touren. Wenn das kein Grund zum Flanieren ist.