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Generationenkonflikte

So gelingt die Kommunikation zwischen Enkeln und Großeltern

Oft misslingt die Kommunikation zwischen Enkeln und Großeltern. Doch das muss nicht sein. Ein offener, vorbehaltloser Dialog erschließt leicht interessante Themenfelder, von denen beide Seiten profitieren.

VON JULIANE MOGHIMI

Als Nele die Haustür hinter sich geschlossen hat, holt Heiner erst einmal tief Luft. Wieder hat es eine Auseinandersetzung zwischen ihm und seiner Enkelin gegeben. Sie kommt nur noch selten, und wenn sie da ist, schaut sie alle naselang auf ihr Smartphone. Zudem ist Nele permanent müde und wortkarg. Als er sie schließlich noch einmal gefragt hat, warum sie nicht noch Medizin studieren will, fühlte sie sich kritisiert. So gab ein Wort das andere, und dann ist sie gegangen.

Heiner ist 1938 geboren. Zu seinen frühesten Erinnerungen zählen Bombennächte, Trümmerlandschaften und Hunger. Er gehört zur „stillen Generation“, die alle zwischen 1928 und 1945 Geborenen umfasst. Diese Menschen haben früh gelernt, dass sie selbst zupacken müssen. Sicherheit – auch im materiellen Sinne – spielt für sie eine wichtige Rolle. Die Soziologen nennen sie „die Stillen“, weil sie im Vergleich zu späteren Generationen ihre Umwelt selten an ihrem Gefühlsleben teilhaben lassen. Das ist nicht verwunderlich: In den entscheidenden Jahren ihrer Entwicklung gab es so viele existenzielle Krisen zu bewältigen, dass keine Zeit für den Blick nach innen blieb.

Die unterschiedlichen Erfahrungen jeder Generation können zu Konflikten führen

Nele gehört als im Jahr 2000 Geborene zur „Generation Z“. Während für Heiner erst das Überleben und dann der Wiederaufbau prägend waren, kennt Neles Generation derlei existenzielle Ängste nicht. Dennoch sorgen die derzeit stattfindenden gesellschaftlichen Veränderungen für ein hohes Maß an Unsicherheit. Nele hat gerade ihre Ausbildung zur Krankenpflegerin abgeschlossen, arbeitet im Drei-Schicht-System – und das für ein Gehalt, bei dem das Thema Altersarmut schon jetzt wie das legendäre Damoklesschwert über ihr schwebt.

© istockphoto.com/KatarzynaBialasiewicz

Die „Generation Z“ sorgt sich um die Zukunft, ihre eigene ebenso wie die des Planeten. Der Klimawandel, der demografische Wandel, die weltpolitische Lage bescheren den jungen Menschen Stress. Und der wird durch die feste Integration der Digitalisierung in ihr Leben noch erhöht: „Typische Z-ler fühlen sich schon morgens beim ersten Blick aufs Handy unter Druck“, beschreibt es Rüdiger Maas, Gründer des Instituts für Generationenforschung in Augsburg, in einem Vortrag. Sie fühlten sich gezwungen, auf Nachrichten und Beiträge in den sozialen Medien schnell zu reagieren, so der Psychologe. Ihre Angst, nicht dazuzugehören, sei deutlich größer als bei den vorangegangenen Generationen. 

Gleichzeitig vertreten die Z-ler klare Werte: „Sexismus, Rassismus und Homophobie sind bei den jungen Leuten absolute No-Gos“, so Maas. Sie seien zudem weniger karriere- und statusorientiert als ihre Eltern und Großeltern. „Nicht selten entscheiden sich Z-ler für einen Beruf, der im weitesten Sinn dem Gemeinwohl dient, was ihrer meist offenen Grundhaltung entspricht.“

Offene Gespräche helfen, einander verstehen zu lernen

© istockphoto.com/Fizkes

Diese offene Grundhaltung kann auch die Brücke zwischen Heiner und Nele werden. Aber es sollte wohl Heiner mit seiner Lebenserfahrung den ersten Schritt machen. 

Er könnte zum Beispiel damit beginnen, ihr offen zu sagen, wie gut ihm ihre Anwesenheit tut, weil sie ihn an ihre Großmutter erinnert.

Dass er gern mehr darüber wüsste, wie das Klimaproblem gelöst werden soll. Dass er sie für ihren versierten Umgang mit den neuen Medien bewundert. Und wie sehr es ihn verwirrt, dass seine Enkelin so viele Möglichkeiten hat, die sie nicht nutzt.

Die Chancen stehen sehr gut, dass auch Nele sich öffnen wird – denn, so schreibt Maas, die jungen Frauen und Männer der Generation Z seien sehr tolerant und sozial eingestellt: beste Voraussetzungen also für ein Gespräch zwischen den Generationen.

Erstveröffentlichung des Beitrags im GDA-Magazin "Meine Zeit" | Ausgabe 02-2021 mit dem Titel “Generationenkonflikte: Wir müssen reden.”

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