Singen im Alter – Das Comeback der Seniorenchöre
Immer mehr Senioren entdecken das Singen für sich – denn es wirkt sich positiv auf Körper, Geist und Lebensqualität aus. Nach den Corona-Beschränkungen können auch Chöre endlich wieder aktiv werden.
VON CAROLIN MÜLLER UND SANDRA ARENS
Singen macht glücklich. Und das liegt nicht nur daran, dass der Körper dabei Glückshormone freisetzt und Stresshormone abbaut. Beim Singen können Menschen ihren Gefühlen freien Lauf lassen, Lieblingslieder schmettern, in Erinnerungen schwelgen, den Alltag hinter sich und die Jugend noch einmal aufleben lassen.
Deshalb steigert Singen vor allem das seelische Wohlbefinden. Und das Beste daran: Singen muss man nicht für sich alleine, man kann es auch in Gesellschaft tun. Die Möglichkeit dazu bieten zahlreiche Chöre und Singgruppen – auch speziell für Menschen 60plus.
Chorproben geben der Woche eine Struktur
„Studien belegen, dass die Lebensqualität im Alter durch Singen steigt“, berichtet Professor Dirk Mürbe, Direktor der Klinik für Audiologie und Phoniatrie an der Berliner Charité und bezeichnet diese Art der verbalen Aktivität sogar als Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe.
Seniorenchöre passen sich den Bedürfnissen älterer Menschen an.
Dass Singen im Alter auch noch oder gerade dann im Trend liegt, zeigen die wöchentlichen Neuanmeldungen von Chören im Online-Netzwerk „Singen im Alter“. Initiator Kai Koch will Interessierten mit dem Portal eine Anlaufstelle für die Suche nach einer passenden Gruppe bieten.
„Wer nicht sein Leben lang in einem Chor gesungen hat und mit ihm alt geworden ist, hat oft Probleme, den Einstieg zu finden“, erklärt er und fördert deshalb die Gründung von speziellen Seniorenchören. Dabei gehe es nicht darum, Menschen aufgrund ihres Alters zu stigmatisieren oder ihnen Leistungsanspruch abzusprechen.
„Vielmehr bietet ein Seniorenchor die Chance, auf die Bedürfnisse älterer Menschen einzugehen und sich auf älter gewordene Stimmen einzulassen“, so Koch weiter.
Denn im Alter verändert sich die Stimme. Die Halsmuskulatur ist zum Beispiel nicht mehr so beweglich wie in jungen Jahren, die Elastizität der Stimmbänder lässt nach, der Atemapparat verliert an Flexibilität.
„Frauenstimmen werden dunkler und tiefer, Männerstimmen rauer“, erläutert Professor Dirk Mürbe. Dies liege auch an hormonellen Veränderungen, die Menschen im Alter durchmachten. Das sei aber kein Grund zur Sorge, denn die Stimme lasse sich, wie auch ein Muskel, trainieren. Und: „Niemand möchte mit 70 Jahren wirklich noch die Stimme einer 16-Jährigen haben“, gibt Mürbe zu bedenken und ermuntert dazu, auch ohne Vorerfahrung den Schritt in einen Chor zu wagen.
Um die Stimmen 60plus optimal zur Geltung zu bringen, empfiehlt es sich, Lieder auszuwählen, die zu den reiferen Sängerinnen und Sängern passen. Denn an erster Stelle sollten sich alle Teilnehmenden mit ihrer Stimmlage wohlfühlen, das Singen genießen, entspannen und Spaß haben.
Erstveröffentlichung des Beitrags im GDA-Magazin "Meine Zeit" | Ausgabe 02-2020 mit dem Titel “Lieder, die das Leben bereichern”