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Vergiss mein nicht – dank Poesiealbum

Freundschaftsbücher, Tauschbilder und Verse aus vergangenen Zeiten

Die kleine Valeria ist acht und kann schon lesen. Immer wenn sie ihre Großmutter in der Seniorenresidenz besucht, stürmt sie als Erstes zum Bücherschrank, zieht das Poesiealbum heraus und beginnt augenblicklich, in dem gepflegten Buch voller zierlicher Schriften und eingeklebter Bilder zu lesen. Immer wieder muss die Großmutter ihrer Enkelin etwas erklären. Das Kind blättert durch die Seiten des nostalgischen Büchleins und erfährt so einiges aus den Kindertagen der Großmama: Wie es damals war, als die Oma jung war, wer ihre Freundinnen waren und was sie gemeinsam gespielt haben.

Ist das Poesiealbum ein Relikt aus alter Zeit?

Das Poesiealbum scheint seit Jahren von der Bildfläche verschwunden zu sein. Pflegen Schulmädchen überhaupt noch Freundschaftsalben? Gibt es sie noch? In der Seniorenresidenz der GDA erinnern sich sicher noch einige an ihr eigenes Poesiealbum. Meist waren diese kleinen Bücher schön geschmückt und mit viel Liebe gestaltet. In das Album sollten ja möglichst alle Freundinnen schreiben und natürlich auch einige ausgewählte Jungs, wenn sie denn nett waren.

© GDA

Die guten Worte zur bleibenden Erinnerung sollten am besten in Versen verfasst sein. Im Kriegsjahr 1918 waren Psalmen und Sprüche aus der Bibel angesagt und auch Goethe und Schiller kamen im Lauf der Jahrzehnte oft zu Wort. In den 1980er-Jahren tauchte der Spruch ‚Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken, Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Freundschaft nicht!‘ regelmäßig in den Alben auf. Ebenso beliebt war auch die Wendung ‚In allen vier Ecken soll Liebe drin stecken‘, die man auf die vier Ecken der beschriebenen Seite aufteilte. 

Eine besondere Gabe waren die kostbaren Glanz- oder Tauschbilder, die auf der gegenüberliegenden Seite oder um die geschriebenen Zeilen herum eingeklebt wurden. Die Motive von vor hundert Jahren – Blumenkörbe, Engelsköpfe, Tiere – sind bis heute im Handel erhältlich und werden auf Onlinetauschbörsen angeboten. Hier können Sie mehr über die Geschichte der Glanzbilder erfahren.

Familie, Freunde und persönliche Kontakte werden in dem Poesiealbum gesammelt und alle haben ihre Persönlichkeit auf dem Papier dieses individuellen Büchleins hinterlassen. Und auch wenn die Zeit lange zurückliegt und die Erinnerung schon längst verweht ist, so sind sie mit ihren Zeilen zum ‚liebenden Gedenken‘ und ‚zur freundlichen Erinnerung‘ noch immer präsent. 

Vergiss mein nicht! – Wo kommt der Brauch her, Freunde in ein Album schreiben zu lassen?

Ein Poesiealbum wurde oft von den Eltern zur Konfirmation geschenkt. Dieser Einband gehört zu einem Poesiealbum aus dem Kriegsjahr 1918.

Das Poesiealbum entwickelte sich sehr wahrscheinlich in direkter Linie aus dem Stammbuch, dem ‚album amicorum‘ (‚Album der Freunde‘), heraus. Seit dem 16. Jahrhundert galt es in weiten Teilen Deutschlands schon als gute Sitte, Gönner, Freunde und Familienmitglieder in das Buch schreiben zu lassen. Schnell waren die Seiten mit Wappen, kleinen Zeichnungen, Widmungen und Wahlsprüchen gefüllt.

Das Familienalbum war aber kein Buch, wie wir es kennen, sondern wie ein Schuber angelegt, so konnten auch lose Seiten eingepasst werden. Besondere Bedeutung kam dabei Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu, deren Einträge in Form von Handschriften besonders begehrt waren. Während der Reformation, als es durchaus zum guten Ton gehörte, Prediger-Briefe als Handschriften in den Stammbüchern zu sammeln, waren diese trotz oder wegen des weitverbreiteten Analphabetismus sicher für einige von ganz besonderem Wert.

Vom Stammbuch zum Erinnerungsbuch

Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich das Stammbuch sukzessive weiter. Es kamen Widmungen und Zeichnungen von jedermann hinzu und es bildete sich eine Art Industrie mit vorgefertigten Grafiken, den sogenannten Stammtischblättern. Die fertig gedruckten Blätter wurden persönlich beschriftet und eingefügt. Hinzu kamen eigene und künstlerische Beiträge, die die Erinnerung prägen sollten.

Die Gesellschaft machte also aus den Stammbüchern regelrechte Erinnerungsbücher. Es waren vor allem Studenten, die den Erinnerungsbrauch vorantrieben, und auch Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller beschrieben in jungen Jahren Seiten in diversen Stammbüchern.

In späteren Jahren hingegen wurden gern Verse aus ihrem eigenen, reichhaltigen Schatz an Gedichten und Werken in den Poesiealben nachfolgender Generationen zitiert. Schiller und Goethe sind bis heute ein echter Dauerbrenner.

Von Professoren und Bierkrügen

© GDA

Eine weitere Entwicklung auf dem Weg zum Poesiealbum war, dass auch Professoren gebeten wurden, ihr Empfehlungsschreiben direkt in den Stammbüchern zu verfassen. Mit diesen Empfehlungen stellten sich die Studenten an anderen Universitäten vor, legitimierten sich für eine Aufnahme und bestätigten ihren Fleiß und ihr Können. Daher stammt auch der Ausdruck, ‚jemandem etwas in sein Stammbuch schreiben‘.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ließ die Begeisterung der Studenten für ihre Stammbücher allerdings erheblich nach. Ausgehend von den Studenten-Bünden schenkten sie sich fortan lieber Couleurartikel wie Mützen, Bänder oder Bierkrüge mit Sprüchen, die so zu einer neuen Form der Freundschaftsandenken wurden.

‚… Und wenn Du Rosen siehst, so denk an mich zurück!‘

Als das Stammbuch ausgedient hatte, trat das Poesiealbum, das besonders bei Mädchen und jungen Frauen beliebt war, seinen Siegeszug an. Hier drückte man die persönlichen Freundschaftsbeziehungen poetisch, also in Versen aus. Diese waren zu Beginn beeinflusst vom Biedermeier und der Romantik und prägten die Poesiealben maßgeblich.

Farbige nostalgische Motive wie Blumen, Mädchen mit geflochtenen Haaren und Kränzen, Mütter mit Kindern in Naturlandschaften sind dafür typisch und bis heute bekannt. Manchmal wurden, je nach Vorliebe der Besitzerin, getrocknete Blumen oder eine Haarsträhne als sichtbares, sehr persönliches Zeichen in das Album geklebt.

Bis dato völlig unpolitisch wurden die Einträge im Verlauf des 20. Jahrhunderts durchaus gesellschaftsrelevant; in der Nachkriegszeit gab es wieder Platz zum freundschaftlichen Andenken. Insofern ist das Poesiealbum von damals, das heute etwa in einem Regal eines der Seniorenstifte der GDA steht, quasi ein Zeitzeuge, der viel über die Moralvorstellungen, Lebensweisheiten und individuellen Lebenswelten vergangener Epochen wiedergeben kann.

Aber wie ist das nun mit den Poesiealben? Sind sie heute eigentlich noch in Gebrauch oder nicht? Und wo dokumentieren Kinder und Jugendliche ihre Freundschaften und Andenken heute? In einem Kulturbeitrag des NDR finden Sie ein paar Beispiele aus jüngerer Zeit, die Sie sich hier anschauen können.

Erinnerungskultur – wie pflegen sie die Kids von heute?

Auch die Mädchen und Jungs von heute sehnen sich nach Freundschaft und schönen Erinnerungen. Zum Andenken nutzen – zumindest die Mädchen – sogenannte Freundschaftsbücher. Diese Bücher wirken normierter; auf begrenztem Raum ist viel Faktisches anzugeben, daher werden meist Stichwörter für die Antwort verwendet. 

Alles, was man über den Freund und die Freundin wissen will, ist in Form von Fragen vorgegeben und die Reihenfolge der Antwortfelder ist auf allen Seiten immer gleich angeordnet: Name, Geburtstag und persönliche Vorlieben voran, es folgen Lieblingsmusik, Lieblingsessen, Lieblingsfarbe, Lieblingsfilme etc. Es gibt Platz für ein Porträt und meistens noch die Möglichkeit, einen Zwei- oder Vierzeiler zu hinterlassen.

© GDA

Von den geschriebenen Worten geht der Trend heute immer mehr zu Fotos über: ein Porträt, Selfie (Selbstbildnis) oder ein gemeinsames Foto mit der Freundin.

Da diese Bilder vermehrt digital entstehen und nicht mehr ausgedruckt werden, verlagert sich auch die Dokumentation der Freundschaft und der Erinnerung in digitale Medien. Die digitalen Alben werden gern mobil – über Smartphones und Tablets – abgerufen.

Wenn Sie Enkelkinder im schulpflichtigen Alter haben, dann sind Ihnen ‚soziale Netzwerke‘ sicherlich keine Unbekannte mehr. Einer der beliebtesten Social-Media-Plattformen ist Facebook, das ins Deutsche übersetzt ‚Gesichtsbuch‘ heißt.

Facebook, das digitale Freunde-Album im Internet

Facebooks Erfolgsgeschichte begann 2003, als der IT-Student Mark Zuckerberg unerlaubt die Daten und Bilder seiner Kommilitonen – ja, man muss es so sagen – geklaut hat, um diese von der digitalen Öffentlichkeit bewerten zu lassen. Natürlich war das schon damals verboten. Die Website wurde daraufhin geschlossen, doch Zuckerberg erkannte in dieser kurzen Zeitspanne eine Möglichkeit, daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln: Er begann mit der Programmierung eines Onlinealbums, das er ein Jahr später der Öffentlichkeit präsentierte. 

Facebook war die erste persönliche Social-Media-Plattform, auf der man mit Freunden, Bekannten oder einer breiten Öffentlichkeit seine Fotos und persönlichen Momente teilen konnte. Heute verzeichnet die Website mehr als eine Milliarde Aufrufe pro Monat. Das ‚Freundschaftsbuch im Internet‘ ist ein Treffpunkt für Jung und Alt und bietet auch für die Bewohnerinnen und Bewohner in den Seniorenresidenzen der GDA eine sehr einfache Möglichkeit, mit Freunden, Kindern und Enkeln Kontakt zu pflegen. 

Wenn Sie mehr über soziale Medien und die Plattform Facebook erfahren möchten, können Sie sich hier ein Video dazu anschauen.

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