Lukas Niederberger ist Experte für Entscheidungsprozesse. Er trat 1985 in den Jesuitenorden ein und studierte Philosophie und Theologie. 2007 verließ er den Orden. Heute leitet er die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft, schreibt Ratgeber und hält Vorträge.
Wie fällen Sie Entscheidungen? Mit dem Kopf oder dem Bauch?
Kopf und Bauch ergänzen sich. Wenn ich zwei oder mehr Optionen habe, notiere ich Für und Wider und messe sie an Kriterien wie dem Lebensziel, was ich brauche und was ich gerne hätte. Verrechne ich die Werte, erweist sich eine Option als die beste. Dann folgt der Bauch: Ich tue drei bis vier Tage lang so, als hätte ich mich für eine Option entschieden, und achte auf die Gefühle, die aufkommen.
Was, wenn Sie sich nicht entscheiden können?
Dann stelle ich mir ehrlich die Frage, warum ich nicht entscheiden kann. Die Hemmer können vielfältig sein: zu viele Optionen, mangelndes Vertrauen in die innere Stimme, Angst vor Versagen, Gefallsucht, Scheu vor Konsequenzen. Oder Unklarheit bezüglich der Ziele und Werte.
Was raten Sie Menschen, die Entscheidungen bereuen?
Das Leben ist ein permanenter Lern-, Such- und Entwicklungsprozess. Fehler sind natürliche Nebenprodukte jeder Entwicklung. Zudem sollte man frühere Entscheidungen nicht als falsch beurteilen, nur weil man sie später revidiert. Die Umstände können sich nach der Entscheidung so stark verändern, dass es geradezu unverantwortlich wäre, auf Biegen und Brechen daran festzuhalten.