Liebe hält jung
Als Juliane Taubenhaar* siebzig wurde, überlegte sie sich, ins nahegelegene Seniorenstift umzuziehen. Ihre Kinder waren bereits lange aus dem Haus und sie und ihr Mann lebten schon seit einiger Zeit getrennt. Beruflich war sie die letzten Jahre sehr erfolgreich und eigenständig gewesen, nur leider fühlte sie sich manchmal etwas allein.
Nun hatte sie dieses wunderbare Appartement angeboten bekommen, mit einem Balkon zum hauseigenen Stiftspark, und nach sorgfältiger Überlegung hatte sie beherzt zugesagt. Dass dabei noch etwas anderes als ein Umzug passieren würde, hätte sie an einem der festlich gedeckten Tische zugeteilt wurde, begegnete ihr dort etwas, womit sie schon nicht mehr gerechnet hatte: die Liebe. *Name von der Redaktion geändert
War es im letzten Jahrhundert eher ungewöhnlich, über die Liebe im Seniorenalter zu sprechen, hat sich das inzwischen zum Glück geändert. Seniorinnen und Senioren jeder Altersstufe erfreuen sich gerne und häufig an einem erfüllten und zufriedenen Liebesleben – und sie sprechen auch darüber.
Die Akzeptanz für die Liebe im Alter hat deutlich zugenommen und jeder weiß: Seniorinnen und Senioren leben und lieben. Hatten die Filme also unrecht, in denen der Vater seit der Rente stumm zu Hause sitzt und sich beide Ehepartner nichts mehr zu sagen haben? Oder wurde das Thema einfach nur nie thematisiert? – Vielleicht beides.
Die Seniorinnen und Senioren von heute sind wesentlich aktiver, interessierter und gesünder, als es ihre Eltern im gleichen Alter waren. Heute nutzen sie viele Möglichkeiten, reisen um die Welt, und, bezogen auf das Alter, wirkt ‚60‘ manchmal wie das neue ‚40‘.
Viele Seniorinnen und Senioren, die noch einen Partner haben und im eigenen Haus, einer Eigentums- oder Mietwohnung leben, wünschen sich mehr Intimität in ihrer Partnerschaft. Wenn ältere Menschen allein sind, können sie in einer Seniorenresidenz oder einem Wohnstift durch die vielen angebotenen Aktivitäten schnell Anschluss an Gleichgesinnte finden. Durch die Nähe des zwanglosen Zusammenwohnens im gleichen Haus und die gemeinschaftlichen Aktionen treffen sich Bewohnerinnen und Bewohner recht häufig und lernen sich somit schnell kennen – und manchmal sogar lieben.
In den Seniorenstiften der GDA gibt es neben den Kulturveranstaltungen die Möglichkeit, sich täglich zum gemeinschaftlichen Mittagessen im hauseigenen Restaurant zu verabreden sowie Freizeitangebote wie Singen, Fitness oder Gedächtnistraining mit anderen Menschen aus dem Haus wahrzunehmen.
Der Weg zum nächsten Menschen ist somit wesentlich kürzer und direkter. Ein gutes Umfeld für die Liebe, die sich ja manchmal doch etwas Zeit lässt.
Aus medizinischer Sicht bringt die Liebe, sogar im hohen Alter, gesundheitliche Vorteile mit sich. Zum einen wirkt sie sich positiv auf die kognitiven Fähigkeiten aus. Die Auseinandersetzung mit einem unbekannten, liebenden Gegenüber im Seniorenstift führt zu intimen Gesprächen und körperlicher Zuwendung.
Streicheleinheiten für die Seele, die dem Alltag eine neue Würze geben, die Welt in einem neuen Licht präsentieren, die Sinne beleben und gleichzeitig schärfen.
All das animiert das Nervenzentrum und bringt uns zum Denken. Kurz gesagt: Liebe fördert die Gehirnaktivität und bringt den Kreislauf in Schwung.
Denn durch ein aktives Liebesleben wird nicht nur das Herz bewegt, sondern auch der Kreislauf angeregt. Leuchtende Augen und rote Wangen sind ein Merkmal für Verliebtheit – nicht nur bei jungen Menschen.
Liebe und bestenfalls auch Sexualität fördern zudem das Selbstbewusstsein eines Menschen und sind quasi eine Art Heilmittel.
Nicht immer ist die körperliche Verbindung von Mann und Frau problemlos möglich. Körperliche Abbauerscheinungen sind dabei ein zentrales Thema, wie bspw. Erkrankungen, Erektions- und sexuelle Funktionsstörungen, auch Inkontinenz und der veränderte Hormonhaushalt im Alter. Doch für alles gibt es Möglichkeiten und Lösungen. Besprechen Sie Ihre Situation und Wünsche vertrauensvoll mit einem Mediziner! Ihr Stiftsarzt kennt Sie und berät in diesem Zusammenhang über Hilfsmittel, Medikamente und Therapien. Funktionsstörungen können auf ernst zu nehmende Beschwerden hinweisen, und diese sollten Sie, Ihr Arzt und Ihr neuer Partner kennen.
Wichtig ist dabei, dass offen über die Sachlage geredet wird, auch wenn es zuerst vielleicht etwas peinlich anmutet. Denken Sie daran: Es geht Ihrem neuen Partner genauso. Offenheit und Ehrlichkeit sind nicht nur für die Intimität wichtig, sondern auch für die Gesundheit.
Viele Seniorinnen und Senioren sind dennoch allein. Nicht jeder und jede findet ein Pendant für diesen besonderen Lebensabschnitt. Hinzu kommt die Verteilung der Lebensjahre: Sind bei den Sechzigjährigen die Verhältnisse zwischen Frauen und Männern noch fast gleich, ändert sich das im Laufe der Zeit stark durch die frühere Sterblichkeit der Männer und im zunehmenden Maße auch durch eine Trennung im Alter – eine Scheidung nach der Silberhochzeit ist nicht selten.
Bei vielen älteren Menschen macht sich zudem der Gedanke breit: Bin ich denn überhaupt noch attraktiv? Wie sehe ich aus, der Lack ist doch ab und … schickt sich das überhaupt? Die bekannten Konventionen und Vorbehalte verabschieden sich leider in allen Bereichen nur langsam, doch die Liebe kennt kein Alter!
Wenn Sie keinen passenden Partner kennenlernen, wieso probieren Sie es nicht einmal übers Internet? Fragen Sie am besten Ihre Kinder oder Enkelkinder, wie man mit den Möglichkeiten digitaler Kommunikation heute einen Partner sucht!
Bei der gezielten Partnersuche ist allerdings eine gute Portion Pragmatismus die beste Grundlage. Und auch hier gilt: Ehrlichkeit und Offenheit sind von Anfang an die Basis für eine echte Freundschaft – und vielleicht auch für Liebe.
Die Liebe ist im Alter genauso präsent wie in der Jugend. Sie zaubert Schmetterlinge in den Bauch und lässt das Herz hüpfen und vor Freude schneller schlagen. Vielleicht ist die Liebe im Alter sogar intensiver und ehrlicher, berücksichtigt man all die Erfahrungen, die im fortgeschrittenen Lebensalter schon gemacht wurden.
Wie auch immer eine zarte Verbindung entsteht und sich eine Partnerschaft entwickelt: Manchmal weiß der Bauch mehr als der Kopf, und man sollte es so nehmen, wie es kommt.
Der Lyriker Erich Fried (1921–1988) packte dieses undefinierbare Gefühl „Liebe“ in sein lyrisches Gedicht „Was es ist“:
„Es ist Unsinn, sagt die Vernunft.
Es ist, was es ist, sagt die Liebe.
Es ist Unglück, sagt die Berechnung.
Es ist nichts als Schmerz, sagt die Angst.
Es ist aussichtslos, sagt die Einsicht.
Es ist, was es ist, sagt die Liebe.
Es ist lächerlich, sagt der Stolz.
Es ist leichtsinnig, sagt die Vorsicht.
Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung.
Es ist, was es ist, sagt die Liebe.“
In den Wohnstiften und Seniorenresidenzen der GDA nehmen wir gerne und freudig Anteil an der Entwicklung einer neuen Liebe zwischen unseren Bewohnerinnen und Bewohnern und finden für die neuen Paare den Platz zum Leben, den sie zu zweit benötigen und wünschen. Sprechen Sie uns bitte an, wenn wir etwas für Sie und Ihr Wohlbefinden tun können!
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